Die Finale Sterbephase
Was passiert in den letzten Lebenstagen?
5 Anzeichen, dass das Leben sich dem Ende zuneigt


Mara
Sterbe- und Trauerbegleitung
Liebe Wegbegleiter!
Wenn dein geliebter Mensch sich in der finalen Sterbephase befindet, tauchen oft viele Fragen auf. Was passiert in den letzten Tagen? Wie erkenne ich, dass es wirklich „so weit“ ist? Diese Zeit ist oft von Unsicherheit, Angst und tiefer Liebe geprägt. Als Sterbebegleiterin weiß ich: Je mehr wir verstehen, desto mehr Frieden kann einkehren. In diesem Beitrag teile ich mit dir fünf häufige Anzeichen, die darauf hinweisen, dass das Leben sich dem Ende zuneigt – die Finale Sterbephase. Das Ende eines langes Prozesses.
Sanft, ehrlich und in einer Sprache, die gut tut.
1. Rückzug von der Außenwelt
In den letzten Lebenstagen ziehen sich viele Menschen mehr und mehr zurück. Dies ist nicht gleich zu setzen mit dem sozialen Rückzug, den ich häufig in der präterminalen Sterbephase beobachte. Hier ziehen sich die Sterbenden aus unserer Welt zurück. Es ist kein bewusstes ausgrenzen von Mitmenschen, sondern eher ein schleichender Übergang in das was nach dem Leben auf uns wartet. Sterbende Menschen sind reden immer weniger oder verstummen ganz. Sie reden in der sogenannten Symbolsprache, die darauf hindeuten soll, dass das Leben zu Ende geht, wie z. B „Ich trete eine große Reise an“ oder „ich packe meinen letzten Koffer“.
Häufig kommt es auch vor, dass sie Menschen erwähnen, die bereits verstorben sind, die möglicherweise auf der anderen Seite bereits auf sie warten. Wichtig und entscheidend ist, dass dies von den Wegbegleitern, als von euch nicht dementiert oder ins lächerliche gezogen werden darf. Nimmt sie ernst, auch die Symbolsprache und respektiert die Verwandlung, welche ihr bei euren Liebsten wahrnehmen könnt.
Oft schlafen sie viel – der Körper spart Energie. Es kann sein, dass dein lieber Mensch nicht mehr reagiert, aber dennoch spürt, dass du da bist. Nähe und Präsenz wirken auch ohne Worte. Fehl am Platz sind hier übertriebene Reize, um sie wach zu halten. Z.B durch häufigere Lagerungen oder Waschungen. Hilfreich ist hingegen die Basale Stimulation, die dem Sterbenden zeigt, dass er noch im Hierseits ist und sich durch vertraute Gerüche, Musik und Geschmack geborgen fühlen darf.
2. Der Atem verändert sich
Ein typisches Zeichen ist der sogenannte „rasselnde Atmung“.
Sie entsteht, wenn der Mensch nicht mehr in der Lage ist, Speichel und andere Sekrete im Mund- und Rachenraum aktiv zu schlucken oder abzuhusten. Die Atemluft bewegt sich dann durch diese Flüssigkeiten und erzeugt dabei ein rasselndes oder gurgelndes Geräusch.
Ein weiteres auffälliges Atemmuster ist die sogenannte Cheyne-Stokes-Atmung: Dabei wechseln sich flache und tiefe Atemzüge mit Atempausen ab.
Kurz vor dem Tod tritt beim Sterbenden die sogenannte Schnappatmung auf. Das Atemmuster zeigt schnappende einzelne Atemzüge gefolgt von längeren Atempausen. Dieses kann sich manchmal nach einigen Minuten wiederholen, bis der letzte Atemzug vollendet ist.
Wichtig zu wissen:
So beunruhigend diese Atemgeräusche für euch auch klingen mag – sie sind nicht automatisch ein Zeichen von Leiden oder Atemnot. In den meisten Fällen ist der sterbende Mensch zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr vollständig bei Bewusstsein und nimmt die Situation nicht mehr in derselben Weise wahr wie wir. Beobachtet seine Mimik und Gestik. Sollte ein Monitor angeschlossen sein, könnt ihr anhand der Vitalzeichen erkennen, dass die rasselnde Atmung für den Sterbenden keine Belastung ist.
Diese Veränderungen zeigen vielmehr, dass der Körper loslässt – in seinem ganz eigenen Rhythmus. Daher hier meine Bitte, greift nicht direkt zum Absauggerät, um die Situation für euch angenehmer zu gestalten. Die Atmung ist vom Körper geplant und gewollt. Was ihr machen könnt, um die Situation angenehmer zu gestalten:
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Lagerung: Eine leicht erhöhte Seitenlage kann helfen, das Sekret abfließen zu lassen.
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Raumklima: Lüften und ggf. einen Luftbefeuchter nutzen.
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Keine Absaugung ohne ärztliche Anweisung: Das Absaugen wirkt oft belastend und bringt meist nur kurzfristige Linderung.
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Einfach da sein: Nähe, ruhige Worte oder das Halten der Hand können in dieser Phase mehr Trost spenden als jede Maßnahme.
- Vom Atemgeräusch ablenken durch vertraute Musik oder Gesang. Das wirkt sowohl auf euch, als auch für den Sterbenden beruhigend.
Eine Patientenverfügung muss schriftlich vorliegen, klar formuliert sein und sollte im Idealfall mit einer Ärztin oder einem Arzt sowie mit nahestehenden Personen besprochen werden. Und auch wenn das Thema schwerfällt: Eine solche Verfügung schafft Sicherheit – für alle Beteilig
Ein letzter Gedanke:
Die Rasselatmung ist ein natürlicher Teil des Sterbeprozesses in der Finalen Sterbephase. Wenn du verstehst, was passiert, kann das helfen, die Situation mit mehr Ruhe und Mitgefühl zu begleiten – für dich und für deinen lieben Menschen.
3. Essen und Trinken nehmen ab
Viele Wegbegleiter sorgen sich, wenn der geliebte Mensch kaum noch etwas zu sich nimmt.
Doch das ist ein natürlicher Prozess in der finalen Sterbephase: Der Körper braucht nun kaum noch Energie. Zwanghaftes Anbieten von Nahrung kann sogar belastend wirken. Denn in der Finalen Sterbephase hört die Funktion von Magen und Darm auf. Zwanghaftes Essen liegt wie ein harter Stein im Magen oder im Darm, der weder verarbeitet noch weiter transportiert wird. Bauchschmerzen und Krämpfe sind häufig zu beobachten.
Das gleiche gilt auch für die Flüssigkeitszufuhr. In der Finalen Sterbephase verarbeiten die Nieren die zusätzliche Flüssigkeit nicht mehr. Das hat zu Folge, dass sich die Flüssigkeit im Gewebe ansammelt und teilweise schmerzhafte Ödeme entstehen können.
„Euer Sterbender stirbt nicht, weil er nichts isst oder trinkt, sondern er isst und trinkt nichts mehr, weil er stirbt.“
Wie ihr ihn unterstützen könnt?
Haltet den Mund und besonders die Lippen feucht. Nutzt hierfür gerne seine Lieblingsflüssigkeit. Es muss nicht immer nur Wasser sein, ein schöner Wein oder ein leckerer Saft sind viel angenehmer und schenken dem Sterbenden Geborgenheit.
Sollte der Sterbende dennoch den Wunsch nach einer bestimmten Mahlzeit äußern, darf sie ihm keinesfalls verwehrt bleiben. Hier gibt es mittlerweile schöne Möglichkeiten den Wunsch zu gewähren.
Beispiele:
- ein Kausäckchen, in dem die Speise hineingefüllt werden und in den Mund gelegt wird. Er hat nun die Möglichkeit den Geschmack zu schmecken, ohne das er sich an der Speise verschlucken kann oder sie quer im Magen liegt.
- Eine weitere Möglichkeit ist ein Schaumgenerator. Dieser verwandelt jedes flüssige Lebensmittel in einen badewannenartigen Schaum. Dem Sterbenden eröffnet dies ein Geschmackserlebnis und verhindert die Essensaufnahme.
4. Kühle Hände, blasse Lippen, graues Mund Nasen Dreieck
Die Durchblutung verändert sich. Hände, Füße und Lippen können kühl oder bläulich werden. Der Körper konzentriert sich jetzt auf das, was wichtig ist – ein weiteres Zeichen, dass er sich auf das Sterben vorbereitet.
Daher fühlen sich sehr häufig die Arme und Beine sehr kalt an und haben eine marmorierte teilweise bläuliche Verfärbung. Für uns außenstehenden ist das sehr unangenehm, weswegen wir den Sterbenden meistens eine zweite Decke oder ein Körnerkissen anbieten wollen. Doch wenn man ihn genau beobachtet, fühlt er sich in seiner eigenen Haut wohl. Viele Sterbende reißen die Decke weg und bleiben erst ruhig liegen, wenn sie teilweise nackt im Bett liegen. Auch das ist vollkommen normal. Sie haben in der finalen Sterbephase ein anderes Bewusstsein und haben nicht das Gefühl zu frieren.
Was ihr tun könnt: legt einfach nur ein Bettbezug ohne Decke über den Körper.
Ein weiteres Symptom ist das graue Mund Nasen Dreieck, dass sich in der finalen Sterbephase entwickelt. Ihr kennt es von euch, wenn ihr viel Sport betrieben habt und euer Kopf hoch rot ist, bis auf die Fläche zwischen Nase und Mund. In eurem Fall ist dies meistens deutlich heller, als das restliche Gesicht. Im Falle eures Sterbenden ist dieser Bereich sehr blass bis gräulich. Grund hierfür ist erneut die geringe Sauerstoffzufuhr und die Zentralisation des Blutflusses im Körper.
Wichtig ist, weder die kalten Extremitäten, noch das Mund Nasen Dreieck führt dem Sterbenden ein Leid hinzu.
5. Die letzte Träne – ein stiller Abschiedsgruß
In vielen meiner Sterbebegleitungen konnte ich in den letzten Momenten des Lebens oder kurz nach dem letzten Atemzug eine einzelne Träne auf der Wange des Sterbenden sehen. Oft wird diese Träne als bewegender Ausdruck eines letzten inneren Erlebens gedeutet – als Zeichen des Loslassens, der Liebe oder des stillen Abschieds.
Aus medizinischer Sicht lässt sich nicht eindeutig sagen, ob diese Träne ein körperlicher Reflex ist oder ein bewusster Ausdruck. Doch das Herz vieler Angehöriger fühlt in diesem Moment etwas Echtes und Tiefes – und das zählt mehr als jede wissenschaftliche Erklärung.
Was sie bedeuten kann:
Ob symbolisch oder biologisch – diese letzte Träne kann ein leiser Gruß sein, eine letzte Botschaft: „Ich war da. Ich habe euch gespürt. Ich gehe in Frieden.“
Was du und dein Wegbegleiter jetzt tun könnt
Du musst nichts „richtig“ machen. Es reicht oft, einfach da zu sein. Eine Hand zu halten. In Stille zu sitzen. Deine Nähe ist ein Geschenk – gerade jetzt!
Doch du als Sterbender dich noch äußern kannst, dann rede mit deinem Wegbegleiter und erzähl ihm deine Wünsche. Nur so hat er die Möglichkeit deine Wünsche und Bedürfnisse wahrzunehmen.
Zur Seite stehen euch Hospizbegleiter oder Pflegekräfte mit einer Palliativausbildung. Sie haben die Möglichkeit euch zu beraten und auf dem Weg zu unterstützen.
Fazit
Sterben ist ein Prozess. Wenn wir wissen, was in den letzten Tagen passieren kann, verlieren viele Ängste ihre Macht. Die fünf beschriebenen Anzeichen helfen dir vielleicht dabei, dich innerlich etwas vorzubereiten – und den Abschied bewusster zu gestalten.
Du begleitest jemanden und hast Fragen?
Ich bin Mara, Sterbe- und Trauerbegleiterin, und unterstütze Dich, An- und Zugehörige auf diesem Weg – mit Herz, Wissen und Raum für alles, was sein darf.
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